Seit Abschluss der Asbestsanierung im Jahre 2009 liegt der Gewerbestandort Herrenteich im Hockenheimer Rheinbogen brach und die Gebäude verfallen zusehends. Die Diskussion darüber, wie es dort weiter gehen soll, wurde bis vor einigen Jahren bestimmt durch die vertragliche Verpflichtung der Stadt Hockenheim, dem Land Baden-Württemberg einen Sanierungskostenbeitrag in Höhe von 1,9 Millionen Euro zu zahlen. Die Stadt hat den Betrag längst an das Land überwiesen. Dennoch ist die Zukunft des Herrenteichs weiterhin offen.
Die Stadt hat einige Jahre an einem Bebauungsplan für das Gelände gearbeitet, das ihr seit August 2012 gehört. Damit hat sie zunächst das Ziel verfolgt, die planungsrechtlichen Voraussetzungen für die weitere Nutzung als Gewerbegebiet zu schaffen und die Zahlung an das Land durch Vermarktung des Geländes zu refinanzieren. Allerdings wurde der bebaubare Bereich vor allem durch die Naturschutzbehörden immer weiter reduziert, so dass die Stadt das Gelände inzwischen wohl verkaufen will und einen Investor sucht. Offensichtlich findet sich jedoch niemand, der das Gelände haben will.
Wir und die NABU-Gruppe Hockenheim lehnen die gewerbliche Weiternutzung des Geländes ab, denn es liegt mitten im Überflutungsgebiet des Rheins. Wir können nicht nachvollziehen, dass in einem derart überflutungsgefährdeten Bereich ein Bebauungsplan aufgestellt werden soll bzw. ein Investor für die gewerbliche Weiternutzung gesucht wird. Noch dazu für ein Gelände, das seit Jahren brach liegt und immer mehr einer Industrieruine gleicht.
Der Gewerbestandort wurde am Ende des 19. Jahrhunderts begründet, also zu einer Zeit, in der an dieser Stelle trotz der unmittelbaren Rheinnähe nur relativ selten mit Überflutungen zu rechnen war. Durch den Ausbau des südlichen Oberrheins gingen im 20. Jahrhundert jedoch riesige Überflutungsflächen verloren. Daher kommt es bei uns am nördlichen Oberrhein immer öfter zu Hochwasser über 8 m. Und dann wird der Herrenteich überflutet.
Erst im Januar 2018 stand das Gelände wieder in weiten Bereichen unter Wasser – und das zwei Mal, da innerhalb kurzer Zeit zwei Rheinhochwasser mit Wasserständen um die 8 m auftraten. Aufgrund der Überflutungen kann sich hier kein normaler Betrieb ansiedeln. Wahrscheinlich wird das Gelände in Zukunft sogar noch häufiger überflutet als bisher, denn durch den Klimawandel ist mit stärkeren Hochwassern zu rechnen.
Vor diesem Hintergrund fordern wir gemeinsam mit der NABU-Gruppe Hockenheim den vollständigen Rückbau aller Gebäude und Anlagen und die Renaturierung des Geländes. Wir sehen darin die einzige langfristig tragfähige Perspektive für den Herrenteich. Für die Renaturierung sind nur einfache Maßnahmen wie Geländeabtrag und Geländeplanierung nötig, die beim Rückbau ohnehin durchgeführt werden. Die weitere Modellierung übernimmt der Rhein mit seinen Überflutungen. Da im Umfeld bereits naturnahe Auenbiotope vorhanden sind, rechnen wir mit einer raschen Besiedlung der Fläche durch Pflanzen und Tiere.
Nach unserer Auffassung hat auch die Stadt Hockenheim einen Nutzen von der Renaturierung. Zum Ausgleich für Eingriffe in die Natur mussten in den vergangenen Jahren auf Hockenheimer Gemarkung viele landwirtschaftliche Nutzflächen aufgeforstet werden. Mit der Renaturierung gewinnt die Stadt eine nicht landwirtschaftlich genutzte Ausgleichsfläche, die sie im naturschutzrechtlichen Ökokonto bevorraten und zu einem späteren Zeitpunkt nutzen kann, entweder für den Ausgleich eigener Eingriffe oder durch den Verkauf an einen anderen Eingriffsverursacher.