Von Natur aus floss der Rhein nördlich von Karlsruhe in großen Schleifen und Schlingen durch seine Niederung und verlegte vor allem bei Hochwasser immer wieder seinen Lauf. Im Zuge der Tulla'schen Oberrheinkorrektion wurde 1833-1845 bei Ketsch eine solche Rheinschleife etwa in der Mitte durchstochen. Auf diese Weise entstand die Ketscher Rheininsel, die vom halbkreisförmigen Rest der Rheinschleife – dem heutigen Altrhein – und vom begradigten Rheinbett umschlossen wird. Der Altrhein ist heute noch mit dem Rhein verbunden und wird frei durchflossen. Die Insel wird nach wie vor bei Hochwasser überflutet und ist damit eines der letzten großflächigen und natürlichen Überschwemmungsgebiete am Oberrhein.
Trotz aller menschlichen Eingriffe beherbergt die Ketscher Rheininsel eine naturnahe Auenlandschaft mit hohem ökologischem Wert. Natürliche und naturnahe Auenwälder, Gewässer und feuchte Schluten sowie trockene Kiesrücken bieten eine ausgeprägte Strukturvielfalt und damit Lebensraum für eine reiche Pflanzen- und Tierwelt. Bisher sind weit über 500 Arten nachgewiesen, von denen viele selten oder gefährdet sind.
Das Naturschutzgebiet „Ketscher Rheininsel“ wurde 1950 ausgewiesen und 1983 erweitert. Es ist 490 ha groß. Schutzzweck laut Verordnung ist die Erhaltung einer naturnahen Rheinauenlandschaft mit auentypischen Pflanzengesellschaften als Lebensraum gefährdeter Pflanzen- und Tierarten.
Das Naturschutzgebiet ist Bestandteil des Vogelschutzgebiets „Rheinniederung Altlußheim-Mannheim“ und des FFH-Gebiets „Rheinniederung von Philippsburg bis Mannheim“. Die Ketscher Rheininsel hat damit nicht nur überregionale, sondern europäische Bedeutung.
Auf der Ketscher Rheininsel findet man noch die typische Zonierung der Auenvegetation, die sich je nach Häufigkeit, Höhe und Dauer der Überflutung ausbildet. So herrschen auf regelmäßig überfluteten Standorten entlang des Altrheins die Silberweidenwälder (Salicetum albae) der Weichholzaue vor. Auf etwas höher gelegenen und damit seltener überfluteten Standorten schließt mit dem Stieleichen-Ulmen-Auenwald (Querco-Ulmetum) der typische Wald der Hartholzaue an. Da die Insel jedoch nur noch bei ganz extremen Hochwassern vollständig überflutet wird, finden sich im höher gelegenen Inselinnern inzwischen trockenere Wälder wie der Ulmen-Hainbuchen-Wald (Ulmo-Carpinetum).
Wegen ihrer vielen Sträucher und Kletterpflanzen zeigen vor allem die Wälder im Inselinnern oft ein „urwaldartiges“ Bild. Hier hat die vom Aussterben bedrohte Wilde Weinrebe (Vitis vinifera subsp. sylvestris) eines ihrer letzten natürlichen Vorkommen. Auf den Standorten der Weicholzaue finden sich auch Hybridpappel-Bestände, die jedoch nach und nach in standortheimische Wälder überführt werden. Der naturnahe Waldbau hat sich auf der Ketscher Rheininsel inzwischen durchgesetzt.
Mitten in den Wäldern der Insel gibt es vermutlich schon seit dem Mittelalter kleinere Rodungen, die sog. „Blößen“. Sie wurden ursprünglich als Streu- und Futterwiesen, Äcker und Viehweiden genutzt und werden inzwischen extensiv als blütenreiche Mähwiesen bewirtschaftet. Je nach Höhenlage und Bewirtschaftungsintensität haben sich hier unterschiedliche Wiesengesellschaften entwickelt, von der feucht-nassen Pfeifengras-Wiese (Molinietum caeruleae) bis zur trockenen Salbei-Glatthafer-Wiese (Dauco-Arrhenatheretum salvietosum). Ein Kiesrücken, der „Franzosenbuckel“, liegt so hoch, dass er praktisch nie vom Hochwasser erreicht wird. Da der Boden zudem sehr nährstoffarm ist, konnte hier mitten in der Rheinaue ein Halbtrockenrasen entstehen.
Durch die große Vielfalt und die naturnahe Ausprägung der Auenbiotope weist die Ketscher Rheininsel eine arten- und individuenreiche Tierwelt auf. In den Ufer- und Verlandungszonen leben Pirol (Oriolus oriolus) und Eisvogel (Alcedo atthis). Auf den Wasserflächen rasten und überwintern Zwergtaucher (Tachybaptus ruficollis), Krickente (Anas crecca), Knäkente (Anas querquedula) und Löffelente (Anas clypeata). In und an den Gewässern kommen zahlreiche Schnecken, Kleinkrebse, Libellen, Wasserwanzen und Wasserkäfer vor. In den Wäldern brüten viele heimische Spechtarten, verlassene Spechthöhlen werden von Fledermäusen als Sommerquartier genutzt.
Auf Initiative der Lokalen Agenda 21 Ketsch wurde am 06.07.2013 der neue Naturlehrpfad auf der Ketscher Rheininsel eröffnet. Er ersetzt den bisherigen, in die Jahre gekommenen Naturlehrpfad. An 14 Stationen werden die Besucher der Rheininsel ausführlich informiert über Pflanzen, Tiere und Landschaft des Naturschutzgebiets. Wir haben die beiden Informationstafeln „Die Rheinbegradigung bei Ketsch“ und „Nasse Füße in der Aue – Die Vegetation der Ketscher Rheininsel“ zum Naturlehrpfad beigesteuert.